Interview über die Nachhaltigkeit im Flottenmanagement und die neuesten Entwicklungen in diesem Bereich.
Nachhaltigkeit wird im Flottenmanagement immer wichtiger. Flottenmanager müssen Umweltauflagen erfüllen und gleichzeitig Effizienz und Kosten im Blick behalten. Technologische Fortschritte wie Digitalisierung und alternative Antriebe bieten neue Chancen, Emissionen zu senken. In diesem Interview erläutert ein Experte der Boston Consulting Group die entscheidenden Nachhaltigkeitsfaktoren und klärt gängige Mythen auf.
Könnten sie sich kurz vorstellen und ihren Bezug zum Thema Flottenmanagement erläutern?
"Ich bin Managing Director & Partner bei der Boston Consulting Group und in unserer Region EMESA – sprich Europa, Mittlerer Osten, Südamerika und Afrika – für unser Geschäft mit Automobilzulieferern und Aftermarket-Playern zuständig. In diesem Rahmen kümmere ich mich um Marktteilnehmer mit Bezug auf unterschiedliche Fahrzeugtypen, insbesondere auch Nutzfahrzeuge. Und eben bei vielen Marktteilnehmern rund um Nutzfahrzeuge stehen unterschiedliche Arten von Flotten im Vordergrund viel mehr als der individuelle Besitzer, so wie es bspw. bei den meisten Pkw der Fall wäre. Flotten und das Flottenmanagement sind ein essenzieller Bestandteil der Wertschöpfung, wenn man den gesamten Lebenszyklus von Nutzfahrzeugen und insbesondere ihre Nutzung betrachtet. Bei der Boston Consulting Group haben wir global aber insbesondere auch im DACH-Raum ein eigenes Team, das sich ausschließlich um dieses Segment von Marktteilnehmern kümmert."
Welche Faktoren der Nachhaltigkeit werden für den Bereich Flottenmanagement immer wichtiger?
"Für Nutzfahrzeuge, Flotten und Flottenmanager werden mehrere Nachhaltigkeitsfaktoren immer wichtiger, sowohl heute als auch in der Zukunft - beispielsweise:
1. Emissionsreduktion und CO2-Regulierungen: Die Reduzierung von CO2-Emissionen ist eine zentrale Priorität, angetrieben durch gesetzliche Vorgaben wie den EU-Green Deal. Bspw. effizientere Reifen, die den Kraftstoffverbrauch reduzieren, spielen hierbei eine wichtige Rolle, da sie nicht nur die Kosten senken, sondern auch die Emissionen verringern.
2. Effizienzsteigerung durch Digitalisierung und Konnektivität: Flottenmanager setzen zunehmend auf digitales Flottenmanagement und Telematiklösungen, um die Effizienz zu verbessern. Dazu gehören die Optimierung der Fahrzeugnutzung, die Standortverfolgung, Fernüberwachung und Fernwartung der Fahrzeuge. Die Internet-of-Things-Technologie und Big Data werden eingesetzt, um Betriebsabläufe zu optimieren und die Auslastung zu verbessern.
3. Kosteneffizienz und Total Cost of Ownership (TCO): Flotten sind stark kostengetrieben. Die Senkung der Gesamtbetriebskosten, einschliesslich Kraftstoff, Wartung und Reifen, ist ein ständiges Anliegen. Innovative Lösungen, die die Betriebskosten senken, wie z.B. effizientere Reifen, können erhebliche Einsparungen bieten und die Kosten für ihre Anschaffung teilweise oder ganz decken.
4. Übergang zu emissionsfreien Flotten: Trotz der hohen Anfangsinvestitionen und der noch nicht voll ausgereiften Technologien, wird die Umstellung auf (Teil-)Elektrofahrzeuge und alternative Kraftstoffe (inkl. Wasserstoff) als langfristige Strategie zur Kostensenkung und zur Einhaltung von Umweltstandards gesehen.
5. Zusammenarbeit und strategische Partnerschaften: Flottenmanager erkennen zunehmend die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Lieferanten und anderen Akteuren im Ökosystem, um Zugang zu neuen Technologien zu erhalten und umfassende Serviceleistungen zu nutzen.
Diese Faktoren sind entscheidend, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und gleichzeitig den steigenden Anforderungen an Nachhaltigkeit und Effizienz gerecht zu werden."
Könnten sie die Mythen und Fakten rund um Nachhaltigkeit im Flottenmanagement erklären?
"In der Diskussion um Nachhaltigkeit im Flottenmanagement kursieren einige Mythen, die sich von den tatsächlichen Fakten unterscheiden können. Hier einige Beispiele für Mythen und Fakten im Kontext des Flottenmanagements:
Mythos 1: Nachhaltigkeit ist zu teuer
Fakt: Obwohl die Anfangsinvestitionen für nachhaltige Technologien wie (Teil-)Elektrofahrzeuge oder hochmoderne Telematiksysteme höher sein können, können diese Investitionen durch niedrigere Betriebskosten zumindest teilweise ausgeglichen werden. Zum Beispiel können Einsparungen bei Kraftstoff, Wartung und sogar Emissionsstrafen langfristig zur Deckung der Kosten beitragen.
Mythos 2: Die Technologie ist nicht ausgereift genug
Fakt: Während einige Technologien, insbesondere im Bereich der (Teil-)Elektrofahrzeuge, noch Entwicklungen benötigen, sind viele nachhaltige Technologien bereits weit entwickelt und werden erfolgreich eingesetzt. Die Technologie für digitale Flottenmanagement- und Telematiksysteme hat sich beispielsweise als effektiv für die Optimierung der Fahrzeugnutzung und für die Verbesserung der Betriebseffizienz erwiesen.
Mythos 3: Nachhaltige Flottenmanagementpraktiken sind nur für grosse Unternehmen machbar
Fakt: Nachhaltigkeit ist in allen Firmengrössen umsetzbar. Während grosse Flotten möglicherweise leichter in nachhaltige Technologien investieren können, gibt es auch für kleinere Flotten Programme und Technologien, die speziell darauf abzielen, Nachhaltigkeit praktikabel zu machen – beispielsweise mit Partnern aus dem Zuliefererumfeld.
Diese Myhen und Fakten verdeutlichen, wie wichtig es ist, über fundierte und aktuelle Informationen zu verfügne, wenn es um nachhaltige Praktiken im Flottenmanagement geht."